Die erbschaftssteuerlichen Freibeträge betragen für Ehepartner alle zehn Jahre 500.000 €.  Es gibt allerdings noch weitere wichtige zusätzliche Freibeträge wie zum Beispiel § 13 Nr. 1 4b) ErbStG. Demnach kann das Familienheim, in dem der Erblasser mit dem Ehegatten gewohnt hat, steuerfrei unabhängig des Wertes übertragen werden, sofern der überlebende Ehegatte mindestens 10 Jahre in dem Familienheim wohnen bleibt.  Erfolgt vorher ein Auszug, so fällt in der Regel die Steuerbefreiung nachträglich weg, es sein denn, der Ehepartner war aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung gehindert.

Die Frage, ob ein zwingender Grund vorliegt, wenn der Ehegatte vor Ablauf der 10 Jahren aus gesundheitlichen Gründen ausziehen muss, hat nun den Bundesfinanzhof beschäftigt.

In dem streitgegenständlichen Fall, veräußerte die überlebende Ehegattin das Familienheim zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers aufgrund einer depressiven Erkrankung auf ärztlichen Rat hin.

Der Bundesfinanzhof stellte fest, dass „zwingend“ nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims erfasse. Diese könne auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigen habe. Der Bundesfinanzhof verwiese die Angelegenheit daher an das Finanzgericht zurück um mit Hilfe einer ärztlichen Begutachtung die Erkrankung und die Schwere des Verlaufs bei einem Verbleib im Familienheim überprüfen zu lassen, Bundesfinanzhof, Urteil v. 1.12.2021 – II R 1/21.

Gerade in Zeiten, in denen die Immobilienpreise – zumindest bis dato – immer weiter gestiegen sind, ist diese Entscheidung für die Praxis bedeutungsvoll. Einige Ehepartner werden bei einem entsprechenden Familienbesitz nicht mehr mit dem „normalen“ Freibetrag von 500.000,00 € „auskommen“, so dass auf § 13 ErbStG zurückgegriffen werden muss.  Dieser Freibetrag hat den Nachteil, dass das Familienheim in jedem Fall 10 Jahre selbst genutzt werden muss, da ansonsten die Steuerbefreiung nachträglich wegfällt, es sei denn, es liegen „zwingende Gründe “ vor. Hier hat der Bundesfinanzhof nun festgestellt, dass dies auch eine Erkrankung sein kann.