Der Bundesfinanzhof hat in einem nun veröffentlichen Urteil am 23.09.2023 (Az.: IX R 13/22) entschieden, dass auf den Verkauf einer geerbten Immobilie nach vorherigem Kauf der anderen Erbanteile keine Einkommenssteuer zu zahlen ist. In dem streitgegenständlichen Fall waren mehrere Personen Erben einer Immobilie geworden. Einer der Erben kaufte den anderen Erben ihre Anteile ab und veräußerte danach die gesamte Immobilie an einen Dritten. Das Finanzamt  sah ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, was in diesem Fall Spekulationssteuer (Einkommensteuer) auslöste. Das Finanzgericht München bestätigte diese Entscheidungen noch, wurde aber jetzt vom Bundesfinanzhof korrigiert. Dieser führt aus:

„Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks. Voraussetzung für die Besteuerung ist, dass das veräußerte Vermögen zuvor auch angeschafft worden sei. Dies ist in Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens nicht der Fall.“ 

Entscheidende Norm ist vorliegen § 23 Abs. 1 EStG, der auszugsweise lautet:

Private Veräußerungsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Dies betrifft Immobilien, die nicht zu eigenen Wohnzwecken verwendet werden. Hier ist den meisten bekannt, dass, wenn zwischen Kauf und Verkauf weniger als zehn Jahren liegen, Spekulationssteuer zu zahlen ist. Es wird hier dann schlichtweg der Gewinnanteil als Einkommen versteuert. In der klassischen Erbfallsituation kommt dieses Thema oft nicht auf, da überwiegend selbst genutzte Immobilie vererbt werden oder aber fremdgenutzte Immobilien, bei denen die 10-Jahresfrist bereits abgelaufen ist. Diese 10-Jahresfrist wird sozusagen mit vererbt, d.h. ein steuerfreier Verkauf direkt mit Erbfall ist möglich, sofern die Spekulationsfrist beim Erblasser bereits abgelaufen war. Problematisch wird es aber – und dabei bleibt es – wenn eine fremdgenutzte Immobilie, bei der die Spekulationsfrist beim Erblasser noch nicht abgelaufen ist, vererbt wird. Hier sind dann auch die Erben daran gebunden, wenn sie der Steuer entgegen wollen, mit einem Verkauf bis zum Ablauf der Spekulationsfrist zu warten.

In dem streitgegenständlichen Fall wertete das Finanzamt den Kauf der anderen Erbteile als „Anschaffung“, so dass der kurz darauf erfolgte Verkauf zu besteuern sei. Dem trat der Bundesfinanzhof entgegen, da er den Erwerb der übrigen Anteile nicht als „Anschaffung“ im Sinne des § 23 EStG wertete.